Standortübungsplatz Kaltenkirchen


Die Kaltenkirchener Heide hat eine bewegte Geschichte, die sich in drei markante Zeiträume gliedert: die Nutzung während des Zweiten Weltkriegs, die Zeit als Bundeswehrstandort und die heutige Phase als Naturschutzgebiet. Während bis zum Beginn der 1990er Jahre viele Verbände und Schleswig-Holstein den Platz nutzen, reduzierte sich die Nutzerschaft auf Verbände der Panzerbrigade 18, primär das Panzergrenadierbataillon 182.

Übersicht:

Größe:
zoom_out_map  510 ha

Abgabe:
date_range   31.12.2008

Status:
Naturschutzgebiet, betreten möglich entlang der ausgezeichneten Wege

Zeit des Zweiten Weltkriegs

Im Jahr 1938 begannen auf Befehl von Hermann Göring die Bauarbeiten für den Flugplatz Kaltenkirchen, der als Militärflugplatz für die Luftwaffe dienen sollte. Im März 1941 wurde im Ortsteil Heidkaten ein „Erweitertes Krankenrevier“ für Kriegsgefangene errichtet, in dem Hunderte Gefangene unter katastrophalen Bedingungen ums Leben kamen. Im Sommer 1944 begann der Aufbau des von der SS betriebene KZ-Außenkommandos Kaltenkirchen-Springhirsch, wo die  über 500 Häftlinge unter extremen und unmenschlichen Bedingungen arbeiten mussten und viele starben. Sie verlängerten unter anderem die Landebahn für den Einsatz des Düsenjägers Messerschmitt Me 262. Viele der Häftlinge stammten aus der Sowjetunion, Frankreich und Polen und starben aufgrund von schwerer Arbeit, mangelhafter Versorgung und brutaler Behandlung. Am 7. April 1945 zerstörten amerikanische Bomber das Gelände, und bis zu 700 KZ-Häftlinge kamen in dem Lager um. Dennoch setzte die Wehrmacht KZ-Häftlinge zur Reparatur ein, bis das Lager kurz vor Kriegsende geräumt wurde.

Ein verborgenes Kapitel europäischer MilitärgeschichteGeheime Abhöreinrichtung in Kaltenkirchen

Am westlichen Ortsrand von Kaltenkirchen befand sich ein kaum bekanntes Überbleibsel des Kalten Krieges: eine streng geheime französische Abhörstation. Auf dem ehemaligen Militärflugplatz, einst Standort der Wehrmacht und später der Bundeswehr, ragten zwölf mannshohe Antennen in den Himmel – unauffällig und doch hochspezialisiert.

Seit 1989 betrieben die französischen Streitkräfte dort eine vollautomatische Peilstation zur militärischen Aufklärung. Offiziell diente sie der Erfassung von Funk- und Datenübertragungen im Frequenzbereich von 0,3 bis 30 Megahertz. Die genauen Aufgaben blieben geheim und unterlagen militärischen Sicherheitsbestimmungen.

Das Gelände – rund drei Hektar groß – war nur schwer zugänglich. Zäune waren teils beschädigt, und ein unscheinbares Schild warnte: „Militärgelände – Betreten verboten“. Anwohner berichteten gelegentlich von zivilen Fahrzeugen mit französischem Kennzeichen, die das Gelände befuhren.

Obwohl Frankreich das Areal kostenlos nutzen durfte – im Rahmen des NATO-Status –, sorgte der Zustand der Anlage für Diskussionen. Die Stadt Kaltenkirchen wies mehrfach auf beschädigte Zäune hin und äußerte ihre Sorge vor Vandalismus.

Die Abhörstation in Kaltenkirchen blieb ein Relikt militärischer Präsenz im Herzen Schleswig-Holsteins – diskret, geheimnisvoll und bis rund 2021 aktiv.  Im Herbst desselben Jahres wurden alle Antennen abgebaut und die Einzäunung zurückgebaut.

Zeit der Bundeswehr

Nach dem Krieg wurde das Gelände unterschiedlich genutzt, darunter als Unterkunft für Flüchtlinge aus dem Osten Deutschlands. 1947 wurde eine Tankstelle gebaut, und im westlichen Teil der ehemaligen KZ-Nordbaracke entstand die „Astra-Klause“. Von 1955 bis 2003 fanden auf dem ehemaligen Flugplatz und Teilen des KZ-Geländes Motocross-Rennen statt. Im Jahr 1964 begann die Bundeswehr, weite Teile des ehemaligen Flugplatzgeländes als „Standortübungsplatz Kaltenkirchen“ zu nutzen. Es gab Pläne, dort einen Großflughafen zu errichten, doch diese wurden nicht umgesetzt. Der letzte Soldat der Bundeswehr verließ das Gelände im Jahr 2008.

Zeit als Naturschutzgebiet

Im Jahr 2008 pachtete der „Trägerverein KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch e. V.“ die Fläche für die Gedenkstätte. Ein Jahr später zog sich die Bundeswehr vom „Standortübungsplatz Kaltenkirchen“ zurück, und das Außengelände an der B4 wurde öffentlich zugänglich gemacht. Im Jahr 2015 wurde das Gelände als Fauna-Flora-Habitat („Kaltenkirchener Heide – Gebietsnummer DE 2125-334“) eingestuft und gehört seitdem zu einem europäischen Netz von Zonen, die unter Schutz stehen. Die Kaltenkirchener Heide wurde 2016 als Teil des Nationalen Naturerbes Deutschlands anerkannt.

Im Jahr 2024 richteten rücksichtslose Motocross-Fahrer erhebliche Schäden im Schutzgebiet an, woraufhin Polizei und Umweltamt erfolgreich eingriffen. Das Gelände steht weiterhin im Besitz des Bundes (BImA) und wird auch als Kompensationsfläche für Infrastrukturprojekte wie den Ausbau der Autobahn A20 eingeplant. Diese Ereignisse zeigen die vielfältige Nutzung und die historische Bedeutung der Kaltenkirchener Heide, von militärischen Einrichtungen über Konzentrationslager bis hin zu Naturschutzgebieten.