Sondermunitionslager Kellinghusen


Im Rahmen der nuklearen Teilhabe sollten die amerikanischen nuklearen Gefechtsfeldwaffen durch deutsche Trägersysteme eingesetzt werden. Dazu war es nötig, diese Munition auf deutschem Boden zu lagern. In zwei Lagern in Schleswig-Holstein, Kellinghusen und Meyn, sollte dies unter amerikanischer Aufsicht erfolgen.

Das Sondermunitionslager (engl. Special Ammunition Storage, SAS) Kellinghusen wurde erst Anfang der 1960er Jahre gebaut, zusammen mit der benachbarten Liliencron-Kaserne. Bis zu seiner Fertigstellung lagerte die Munition im Munitionsdepot Boostedt und wurde dort von der 5./RakArtBtl 62 (Begleitbatterie) bewacht. Letztere wurde ab dem 17.11.1960 in Boostedt aufgestellt.

 

Übersicht:

Größe:
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Abgabe:
date_range  31.12.2008

Status:
Ruinen wurden im April 2021 abegrissen

Im Vorbefehl der Aufstellung der Batterie wurden folgende Anforderungen an die neuen Soldaten gestellt:

Gewünschte Voraussetzungen:

Die der aufzustellenden ArtBttr angehörenden Soldaten sollen nach Möglichkeit folgende Voraussetzungen erfüllen:


a) Alter nicht über 28 Jahre
b) Freiwillige Meldung
c) Charakterliche und geistige Eignung, körperlich leistungsfähig und ausdauernd
d) Freischwimmer
e) Keine Schulden
f) Keine persönlichen Bindungen (nahe Verwandte) in der SBZ oder Ostblockstaaten.

Schon im April 1962 weist die Chronik Munitionstransporte vom Flugplatz Jagel in das Munitionsdepot Boostedt auf:

Große Aufregung im Stab, bei den Führungskräften des Btl und in der Batterie! Vom Flugplatz in Jagel bei Schleswig muß Sondermunition abgeholt und in den Bunkern in Boostedt Mun-Depot eingelagert werden. Diese Aktion soll völlig unauffällig durchgeführt werden. Die 5. Batterie muß nun unter Beweis stellen, daß sie in der Lage ist, unter "echten" Bedingungen einen Sondermunitionstransport durchzuführen . Völlig unauffällig fährt dann von Boostedt nach Jagel eine Marschkolonne, vorweg eine Kradstaffel der 1. /62 unter Führung von Lt. Kraus und dem MAD. Nachdem man nun den Landeplatz abgesichert hat, werden Behälter aus der "Noratlas" unter amerikanischer Aufsicht ausgeladen und auf die MunKfz umgeladen. Völlig unauffällig wird diese Aktion dann auch mehrfach durchgeführt, so daß selbst die Soldaten nicht wussten, ob sie überhaupt Munition empfangen hatten oder nicht. Der Kdr leitete eigenhändig unter festem Zupacken das Aus- und Beladen der Behälter.

Luftbild des Sondermunitionslagers Kellinghusen (2010 - Sören Kuhrt)
Luftbild des Sondermunitionslagers Kellinghusen (2010 - Sören Kuhrt)

Ab April 1964 wurde von der Begleitbatterie der Transport von Sondermunition schwerpunktmäßig geübt, da die Verlegung von Boostedt nach Kellinghusen bevorstand.

Das Sondermunitionslager Kellinghusen wurde am 04.11.1965 vom neuen Divisionskommandeur, General Niepold besucht, der sich einen unmittelbaren Eindruck von der Liegenschaft machen wollte, die zu dieser Zeit aus zwei Bunkern, feste Steinbauten für Montagehalle, Notstromaggregat und Aufenthaltsraum für das US-Personal bestand. Das deutsche Wachteam hatte eine einfache Baracke.

Anfang der 1980-er Jahre wurde das Lager ausgebaut. Neue Zäune, Laufgräben und beispielsweise das neue Wachgebäude etc. In den Folgejahren stand das Lager auch oft im Ziel der Ostermärsche, die sich teilweise sehr dicht an das Areal annäherten, da die Lage am Rand des Standortübungsplatzes dies zuließ.

 

Die im SAS Kellinghusen eingelagerten Atomgranaten waren innerhalb der 6. Panzergrenadierdivision für das Feldartilleriebataillon 61 und das Raketenartilleriebataillon 62 sowie für eine Batterie der jeweiligen Brigadeartillerieverbände (Panzerartilleriebataillon 165, Panzerartilleriebataillon 177,  sowie Panzerartilleriebataillon 185). Der Einsatz der Munition wurde von der US-Army überwacht bzw. im V-Fall freigegeben.

Die amerikanischen Einheiten zur Bewachung des „inneren Rings“ waren 13th U.S. Army Field Artillery Detachment (USAFAD) (1961–1992), 552nd US Army Artillery Group (bis 1966) und 294th U.S. Army Artillery Group (ab Juni 1966). Der „äußere Ring“ wurde durch die Begleitbatterie 6 (die auch Sicherungsaufgaben im inneren Bereich hatte) gesichert, die mit 300 Mann annähernd Bataillonsstärke hatte.

 

Mit der Deutschen Wiedervereinigung war die atomare Munition obsolet geworden. So erfolgte bis Ende 1991 der Abzug der Munition, der Soldaten der US-Army und die offizielle Auflösung des Sondermunitionslagers.

Anschließend wurde das alte Areal als Ausbildungsstätte des Standortübungsplatzes genutzt, bis dieser Ende 2008 durch Aufgabe des kompletten Standortes Kellinghusen für die Öffentlichkeit zugänglich wurde. Nach 2012 wurden alle Metallteile des Areals entfernt, sodass nur noch die Betonruinen erhalten blieben. Die nachfolgenden Bilder zeigen den Zustand im Jahr 2015.

Im April 2021 begannen die Abrissarbeiten im ehemaligen Sondermunitionslager. Hierbei wurden alle Gebäude abgerissen und die Bunker zugemauert, damit sich dort Fledermäuse ansiedeln können. Auch die Bunker im nebenliegenden K-Lager werden zugemauert.