Boehn-Kaserne


Im Jahre 1867, drei Jahre nach dem deutsch-dänischen Kriege, wurde Hamburg erstmals Garnisonsstadt. Damals rückte das Infanterieregiment 76 (2. Hanseatisches) in die Hansestadt ein. Dessen Kommandeur war von 1897 bis 1901 der Oberst Max v. Boehn.

Dieser von seinen Soldaten hochverehrte Truppenführer sollte später der Namensgeber der Boehn-Kaserne werden. Auch die damals selbständigen Städte Altona und Wandsbek wurden preußische Garnisonen. Bis 1920 blieb Hamburg ein großer Soldatenstandort. In der Reichswehrzeit waren keine Truppen in Hamburg stationiert. Im Versailler Friedensvertrag von 1918 waren dem Deutschen Reich neben überhöhten Reparationsfordenmgen auch eine Beschränkung seiner Soldatenzahl auferlegt. Die zum Schutz des verbliebenen Reichsgebietes viel zu geringe Zahl von 100.000 Mann und die große Entfernung Hamburgs zu den gefährdeten Gremien führte zur Militärabwesenheit über fast fünfzehn Jahre. Die alten Kasernen dienten anderen, zumeist sozialen Zwecken. Erst mit der großen Heeresvermehrung des Dritten Reiches ab 1935 kamen wieder Soldaten in die Hansestadt. In über dreißig, zumeist neu errichteten, Kasernen und vielen anderweitigen Liegenschaften (Übungsplätze, Zeug- und Verpflegungsämter) waren sowie Soldaten untergebracht, dass Hamburg bald eine der stärksten Garnisonen im Deutschen Reich beherbergte.

Übersicht:

Größe:
zoom_out_map  26ha

Abgabe:
date_range  30.03.1994

Status:
Großteil abgerissen, lediglich drei Stabsgebäude beim alten Haupteingang erhalten, sowie die Sporthalle und die Bäume um den alten Exerzierplatz.

Leere Boehn-Kaserne (1994)
Leere Boehn-Kaserne (1994)
Das Gelände der Boehn-Kaserne wurde 1936 von verschiedenen Vor-Eigentümern angekauft; die Fläche hatte eine Größe ca. 194.897 Quadratmetern. Mit dem Bau wurde noch 1936 begonnen. An Bauzeit wurden im Durchschnitt zur Fertigstellung einer Bataillonskaserne etwa fünfzehn Monate benötigt. Diese neue, nach dem alten Regimentskommandeur benannte Kaserne wurde im März 1938 fertiggestellt und vom Infanterieregiment 76 bezogen.
 
Wegen Bauverzögerungen der Graf-Goltz-Kaserne war die Boehn-Kaserne zeitweise mit bis zu 9.600 Soldaten stark überbelegt. Außerdem war dort die Wehrkreislehrküche X untergebracht. Das Infanterieregiment 76 zog von hier aus in den Krieg und hatte in der Boehn-Kaserne lange Zeit hindurch seinen Ersatztruppenteil, das Grenadierersatz- und Ausbildungsbataillon (mot) 76 liegen.

Heute erinnern an die 76-er außer dem oft geschändeten Denkmal am Dammtor in Hamburgs Innenstadt noch ein Gedenkstein in der Boehn-Kaserne gegenüber dem Stabsgebäude der Panzergrenadierbrigade 17. Ein Bronzerelief am Offizierheim wurde bei Auflösung des Standorts nach HH-Fischbek verbracht.

Fast alle Hamburger Kasernen der Deutschen Wehrmacht blieben im Krieg unzerstört und von größeren Schäden verschont, lediglich ein Mannschaftshaus in der Boehn-Kaserne wurde durch einen Bombenangriff im Jahre 1943 beschädigt. Eine Luftaufnahme der US-Air-Force aus den ersten Nachkriegswochen im Juni 1945 lässt Zerstörungen nicht mehr erkennen. Die Hamburger Kasernen wurden nach dem Kriege größtenteils zunächst von der Besatzungsmacht (britische Soldaten und Militärverwaltung) genutzt, und später dann für öffentliche Zwecke der Hansestadt zur Verfügung gestellt. Nach Aufstellung der ersten Bundeswehrtruppenteile im Jahre 1956 sollte auch Hamburg wieder Garnisonsstadt werden.

Die Probleme, die sich für Hamburg dadurch ergaben, waren zwar nicht politischer Natur (man arrangierte sich schnell mit seinen neuen Soldaten), aber wegen der notwendigen Räumung großer Gebäudekomplexe nicht so einfach zu lösen. Das Verteidigungsministerium hatte Verhandlungen über seine Wünsche zeitig eingeleitet. Im Juni 1956 erklärte der Senat sein Einverständnis für die militärische Wiederverwendung der an den Grenzen der Hansestadt gelegenen Kasernen.
Auf die ehemalige Kaserne des Regiments Hamburg in der Bundesstraße, die Hanseaten-Kaserne in Fuhlsbüttel die Hindenburg- und Mackensen-Kaserne in Alsterdorf und die Marine-Kaserne in Finkenwerder, die ursprünglich auch belegt werden sollten, hat das Verteidigungsministerium schließlich verzichtet. Eine Wiederverwendung von Kasernen, in denen Hamburg Krankenhäuser eingerichtet hatte, war von vorneherein nicht beabsichtigt.
 
Am 9. August 1956 wurden die Truppenunterkünfte und andere Bundesliegenschaften an die Bundeswehr übergeben. In die Boehn-Kaserne zogen Infanteristen, die Vorgänger der dort stationierten Panzergrenadiere ein.

Ab 1. Juli 1959 beherbergt die Boehn-Kaserne auch den Stab der Panzergrenadierbrigade 17 und das Feldartilleriebataillon 177, welches später in Panzerartilleriebataillon 177 worden ist. Verschiedene organisatorische Maßnahmen, mehrere Neubauten und die überfälligen Grundinstandsetzungen aller Kasernengebäude hatten häufige Umzüge zur Folge.

Technischer Bereich, Instandsetzungshallen und Kammergebäude lagen im südostwärtigen Kasernenbereich, nahe den Unterkünften.
 
Infolge der Auflösung des Panzergrenadierbataillons 173 wurden im Laufe des Jahres 1991 teilweise, später vollständig einzelne Gebäude frei, die die Begehrlichkeiten anderer Dienststellen weckten: studierende Offiziere der Bundeswehruniversität, auszubildende Justizangestellte beiderlei Geschlechts und junge Polizeibeamte aus Ostdeutschland, die sich im Rahmen eines Ausbildungsprogramms in Hamburg befanden. Zeitsoldaten aus dem weiter entfernten Umland, die die exzellenten Möglichkeiten zur dienstzeitbeendenden Berufsausbildung in Hamburg nutzten, Einzelunterbringung für andere Dienststellen und nicht zuletzt das Stabsmusikkorps der Westgruppe der Truppen, also der letzten Soldaten der GUS [Gemeinschaft unabhängiger Staaten = ehem UdSSR] waren dort unterzubringen: StFw Reich mutierte langsam vom Spieß 3./PzArtBtl 177- über Kasernenfeldwebel zum Hotelmanager des gastfreundlichen Hauses "Boehn-Kaserne" - aber im Ernst: Durch diese Möglichkeiten wurde vielen Menschen, die sich in der Berufsausbildung befanden, in Zeiten des Wohnraummangels eine preiswerte Unterkunft verfügbar gemacht.

Die Boehn-Kaserne ist in den zurückliegenden acht Jahren dank langfristiger und kontinuierlicher Planungen zur am besten ausgestatteten und gepflegten Hamburger Kaserne geworden. Die Verdienste dafür liegen zu gleichen Teilen bei den Kasernenkommandanten zu Beginn der achtziger Jahre (Oberst Dreetz und Oberst Streubel) und bei der außerordentlich gut geführten Standortverwaltung unter Oberregierungsrat Suckau.

In der Kaserne fordern Sporthalle, Sportplatz, Rasenflächen für Sport, Ausbildung und Spiel, Kegelbahn, Sauna, Fitnessräume, Fotolabor, Truppenbüchereien und eine Kraftfahzeugbastelhalle die sinnvolle Freizeitbeschäftigung aller Soldaten, die auf die Unterkunft angewiesen sind.

Seit 1991 sind die Mittel zur die Bauunterhaltung zugunsten der Verbesserung der Infrastruktur in ostdeutschen Kasernen nur in geringsten Mengen für die Boehn-Kaserne eingestellt worden. Außer zur Abstellung sicherheitsgefährdender Mängel oder Schäden stand eine bescheidene Summe zur Verfügung. Zu einem frühen Zeitpunkt 1992 entschied sich der Senat Hamburgs, die vom Bundesminister der Finanzen für 1994 zum Verkauf angebotenen Boehn-Kaserne zu erwerben, um die Ausbildungseinrichtungen der Polizei und weit verstreut liegende, in angemieteten Liegenschaften untergebrachte Dienststellen in der Kaserne zusammenzuführen.

Zu diesem Zweck arbeitete vom 01.10.1992 an eine Arbeitsgruppe der Polizei unter Leitung Herrn Kneupers in einem Büro der Kaserne an der polizeilichen Umgestaltung.
Geräumtes Areal der ehemaligen Boehn-Kaserne (1996)
Geräumtes Areal der ehemaligen Boehn-Kaserne (1996)

Als im Mai 1991 die Entscheidung zur Auflösung der Panzergrenadierbrigade 17 öffentlich verkündet war, begann die Bezirksverwaltung Wandsbek ab Juni 1991 mit ersten Überlegungen zu einer Konversion des Areals.

Parallel zu den Planungen der Polizeinutzung wurde auch Wohnungsbau, Gewerbenutzung und den Erhalt sportlicher Anlagen angedacht. Es sollten 850 Wohneinheiten errichtet werden. Diese Zahl wurde bei Planungen im Juni 1992 schon auf 1.480 Wohneinheiten erhöht.

Durch den Krieg in Jugoslawien wurden über 1.000 Flüchtlinge nach Abzug der Bundeswehr in den Gebäuden untergebracht.

Die Abrissarbeiten, die bis auf die drei Gebäude am alten Haupttor, das Offiziersheim und die Sporthalle, alle anderen Bauten umfassten, waren 1996 abgeschlossen. Im Juli 1997 erfolgte die Grundsteinlegung des neuen Wohnquartiers mit dem Namen "Rahlstedter Höhe" mit 1.727 Wohnungen und 160 Reihenhäusern. Die überwiegenden Arbeiten waren Ende 2000 abgeschlossen.